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Aldi Süd und die Kooperation mit regionalen Bäckereien: Ausweitung der Backzone

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Partner und Sponsoren:
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Was spricht eigentlich dagegen, dass Deutschland umsatzstärkste Bäckereikette mit Deutschlands umsatzstärkster Discount-Gruppe kooperiert? Also, mal abgesehen davon, dass man sich bislang einen harten Kampf um die Backwaren-affine Kundschaft geliefert hat? Genau: nichts. Deshalb verkauft Aldi Süd seit Anfang März die Greatest Hits von Kamps: Oberländer Brot und Streuseltaler, Franzbrötchen und Kamps Eck, täglich frisch gebacken in die Filialen geliefert.

Aktuell läuft die Kooperation zwar lediglich für 13 Aldi-Süd-Märkte im Raum Mönchengladbach. Auf Supermarktblog-Anfrage erklärt Kamps aber, es seien „bereits weitere Standorte in Planung“:

„Um die Kooperation auszubauen kommen die ersten bereits im Juni dazu.“

Insgesamt äußert sich eine Kamps-Sprecherin zufrieden. Man freue sich sehr, „dass die Resonanz und das Feedback der Kunden so positiv ausfällt und viele Produkte so gut angenommen werden von den Kunden bei ALDI“.


Die Kamps-Originale erhalten in den Läden ihren eigenen Platz im „Meine Backwelt“ getauften Thekenensemble, das der Discounter vor drei Jahren zum neuen Standard erklärt hat, und in dem weiterhin auch vor Ort aufgebackene Brote, Brötchen, Snacks und Süßgebäcke bereitliegen. In Filialen, die noch über einen der klobigen Backautomaten verfügen (siehe Supermarktblog), gibt es die Auswahl laut Kamps „in einer zusätzlichen Backwarenausgabe“ daneben.

Zum selben Preis wie beim Bäcker

Aktuell werden 18 unterschiedliche Produkte verkauft, außer klassischen Backwaren auch Snacks wie überbackene Brötchen. Die Backwaren sind identisch mit denen, die in regulären Kamps-Bäckereien verkauft werden, daher sei es „selbstverständlich, dass auch die Preisstruktur identisch ist“:

„Nur minimale Abweichungen sind durch die ALDI-Preisstruktur mit 99-er Endungen möglich.“

Männer, die vor Backwaren stehen: Im Raum Mönchengladbach kooperiert Aldi mit der Bäckereikette Kamps; Foto: Kamps

Kamps ist einer der jüngsten Neuzugänge in Aldis Backensemble, das der Discounter im Verlauf der vergangenen Jahre weiterentwickelt hat, um den Rückstand im lange vernachlässigten Sortiment aufzuholen – und der Konkurrenz diesmal sogar einen Schritt voraus zu sein.

Alle großen Discount- und Supermarktketten müssen sich damit auseinander setzen, mit welchen Zusatznutzen sie die Kundschaft ausgerechnet zu sich in den Laden locken – schließlich gehört frisch (auf)gebackenes Brot längst auch im Discount zum Standard (siehe Supermarktblog). Aldi Süd hat sich entschieden, zu diesem Zweck eine Symbiose mit denen einzugehen, die dem Händler lange eher in Rivalität verbunden waren: den regionalen Bäckern.

Zehn Jahre ist es her, dass sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks gerichtlich dagegen zur Wehr setzte, dass Aldi Süd behauptete, aus seinen damals aufgestellten Backautomaten würden Produkte fallen, die „frisch gebacken“ seien. Es handele sich „beim Fertigungsverfahren in den Aldi-Süd-Filialen nicht um einen Backvorgang“, war man überzeugt.

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Allianz für „Frisches von nebenan“

Am Ende durften die Automaten zwar trotzdem stehen bleiben; glücklich wurde der Discounter damit aber nicht, weil die opulenten Auslagen der Konkurrenten sehr viel erfolgreicher waren.

Nun hat man die regionalen Bäcker zu Verbündeten gemacht und verkauft deren Backwaren neben den eigenen. Vor gut einem Jahr hatte das Unternehmen auf Supermarktblog-Anfrage noch erklärt, man teste zunächst vier Kooperationen in Süddeutschland. Seitdem sind die Partnerschaften übers ganze Vertriebsgebiet hinweg ausgeweitet worden: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland. Nach eigenen Auskünften lassen sich regionale Backwaren in über 1.000 Aldi-Süd-Filialen kaufen. Dafür wurden Kooperationen mit 44 regionalen Betrieben geschlossen.

Im Wochenprospekt warb Aldi bereits im Februar ganzseitig für seine Back-Partnerschaften (damals noch ohne Kamps); Ausriss [M]: Aldi/Smb

Aldi kann sich mit dem erweiterten Angebot hervorragend von Lidl, Penny und Netto (ohne Hund) abgrenzen. Und werben lässt sich mit der Regionalkompetenz ebenfalls hervorragend: „Frisches von nebenan“ und „Bäckerhandwerk aus deiner Region“ werden stolz auf Schilder, Plakate, Flyer und in Wochenprospekte gedruckt.

Online holt Aldi noch weiter aus und argumentiert, man könne Kunden durch die Initiative „auf kleinere Betriebe aus der Region aufmerksam“ machen, „heimisches Backhandwerk“ unterstützen und „heimatliche Geschmacksknospen reaktivieren“. (Wer auch immer die vorher verschlossen haben mag.) So würden die Kund:innen „ganz nebenbei die lokale Landwirtschaft und Entwicklung der Region“ fördern.

An den Backtheken sind die Partner-Hinweise kaum zu übersehen; Foto: Smb

Mehr Verkaufsstellen ohne zusätzliches Personal

Damit lehnt man sich in Mülheim an der Ruhr aber doch arg weit aus dem Fenster. Unter den Kooperationspartner:innen mögen zweifellos auch kleinere Bäckereien sein; in der Übersicht finden sich aber vor allem zahlreiche Betriebe, die längst selbst zur Kette geworden sind, über eine große Zahl an Filialen verfügen und diese teilweise bereits in der Vorkassenzone der Konkurrenz betreiben (wie z.B. die Bäckerei Bolten in Duisburg). Kamps gehört beispielsweise seit 2015 zur französischen Bäckerei-Café-Kette Groupe Le Duff.

Die Vorteile der Kooperation für die Bäckereien liegen auf der Hand: Viele Kund:innen haben sich unwiderruflich daran gewöhnt, frisches Brot einfach bei ihrem Einkauf im Discounter mitzubringen – und wenn die Chance besteht, dass sich dort jemand für die Backware des klassischen Bäckers entscheidet, wäre es töricht, sie nicht zu ergreifen.

Zugleich erweitern die Bäcker:innen damit ihr Vertriebsgebiet, ohne dafür neue Filialen eröffnen und Personal anstellen zu müssen.

Die Partnerschaft ist der endgültige Siegeszug des Brötchenknasts, der aus dem Lebensmitteleinzelhandel kaum noch wegzudenken scheint. Und hat für Aldi noch dazu den praktischen Nebeneffekt, die täglich angelieferte Ware nicht mehr von den eigenen Mitarbeiter:innen aufbacken lassen zu müssen, das spart Zeit.

Auch Edeka schielt auf Regio-Partner

Die Supermärkte beobachten die Entwicklung im Discount gespannt, zumal viele Filialen nach wie vor über Vorkassenbäcker im Eingangsbereich verfügen, die entweder an regionale Bäckereien verpachtet sind – oder, wie bei Edeka, nur so aussehen und von den selbstständigen Kaufleuten unter den Edeka-eigenen Bäckermarken (Schäfer’s, K&U usw.) mitbetrieben werden. Unabhängige Bäcker:innen berichten, dass Edeka-Kaufleute sich darum bemühen, ebenfalls Partnerschaften mit regionalen Bäckereien einzugehen: 30 Prozent der Backwaren in der Auslage dürften sie für deren Produkte verwenden.

Viele sind aber skeptisch und fürchten, ihr Name werde vor allem für Marketingzwecke benötigt. Ein Bäcker, der ungenannt bleiben möchte, fragt:

„Kann der Kunde denn nachher unterscheiden, was vom Bäcker X kommt, und was von K&U?“

Dazu kommt die Befürchtung, dass seitens der Händler vor allem zusätzliche Backwaren mit geringerer Wertschöpfung gefragt sein könnten – während die Händler Produkte mit höherer Spanne weiterhin selbst anbieten und verkaufen.

Womöglich vollzieht sich da aber auch gerade ein Wandel zu einem Prinzip, das zumindest im Bio-Fachhandel bereits hinlänglich etabliert ist: Handelsketten wie Alnatura und Denn’s Biomarkt verkaufen an den – selbst betriebenen – Backtheken seit langem Backwaren unterschiedlicher Bio-Bäcker aus der Region, die als Absender in der Regel bloß auf den Preisschildern ihrer Waren auftauchen, dafür aber sehr viel mehr verkaufen können als über die eigenen Läden.

Lidls Bäckerei-Test in der Schweiz

Derselben Taktik bedienen sich zunehmend auch Lebensmittellieferdienste: Amazon Fresh hatte von Anfang an frische Backwaren von regionalen Bio-Bäckereien im Sortiment; und die Quick-Commerce-Start-ups Gorillas und Flink radeln auf Wunsch ein am selben Tag gebackenes Bio-Vollkornbrot innerhalb von zehn Minuten nachhause.

Dass Kooperationen wichtiger werden, hat auch Backtheken-Pionier Lidl erkannt – allerdings zunächst in der Schweiz. Dort kündigte die Discountkette Anfang März eine Partnerschaft mit der Traditionsbäckerei Gassler aus Grenchen an. Die liefert seitdem Gräncherbrot, Solothurnerbrot, Steinofen Brügeli und Ankezüpfe (Butterzöpfe) zum Verkauf in 26 Schweizer Lidl-Filialen zwischen Neuenburg, Pruntrut, Basel und Bern. Im Erfolgsfall sei vorstellbar, das Konzept auf weitere Regionen auszuweiten.

Ob es dazu kommt, will man auf Supermarktblog-Anfrage noch nicht verraten. Eine Lidl-Schweiz-Sprecherin erklärt lediglich:

„Wir freuen uns sehr, dass unser neues regionales Konzept mit dem Gassler-Beck auf reges Interesse stösst. Wir befinden uns aber immer noch in der Startphase und optimieren laufend. Aktuell können 16 sehr hochwertige und handwerklich hergestellte Brote gekauft werden.“

Die Ausweitung werde „derzeit geprüft“.

Und es wird interessant zu beobachten sein, ob Lidl auch hierzulande entsprechende Tests startet. Das hätte nochmal eine besondere Ironie, weil der Discounter im Zuge seines Strebens zum selbstständigen Aufbäcker einstige Partnerschaften mit Regio-Bäckern für separate Verkaufsräume an den Filialeingängen erst vor wenigen Jahren beendet hatte. [Siehe dazu Nachtrag am Ende des Texts.]

Netto (ohne Hund) backt mit Markennamen

Netto (ohne Hund) versucht sich derweil mit Backpartnerschaften anderer Art: Statt auf regionale Namen setzt der Edeka-Discounter auf landesweit bekannte Markennamen. Während Milka- und Oreo-Donuts auch schon in Supermarkt-Brötchenknasts aufgetaucht sind und Lidl dafür sogar separate Aussteller vor seinen Theken platziert …

Plastikverschalte Milka-Donuts im Holzimitataufsteller bei Lidl; Foto: Supermarktblog

… backt Netto (ohne Hund) seit kurzem auch „Goldstück“-Butterbrötchen von Golden Toast auf, platziert Nutella-Muffins in der Auslage und warb zuletzt in Wochenprospekt und Newsletter offensiv für den neuen „Bifi-Snack“ („gefüllt mit Original Bifi“) für den „Ort, an dem du ausgezeichnetes Frühstück bekommst!“

Aldi-Süd-Partner Kamps überlegt derweil, wie sich die für den Discount angelieferte Backwarenauswahl noch verfeinern lässt. Eine Kamps-Sprecherin erklärt:

„In enger Zusammenarbeit mit ALDI reagieren wir auf die Kundenbedürfnisse und optimieren kontinuierlich das Angebot, auch saisonale Veränderungen im Sortiment sind in Planung.“

Die Ausweitung der Backzone im Lebensmitteleinzelhandel scheint also beschlossene Sache.

Danke an Oliver F. für die Fotos und Klaus für den Hinweis!


Nachtrag, 26. Mai: Supermarktblog-Leser haben Backwaren von regionalen Bäckereien inzwischen auch bei Lidl, u.a. in Rostock und München, entdeckt (siehe auch Kommentare):

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